Lutz Stroppe, Staatssekretär an MdB Katja Dörner
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Selbsthilfegruppe in der Städteregion Aachen (www.facebook.com/sehka.org)
Begründung:
Einrichtung eines Erinnerungsortes an die schwarze Pädagogik der Heimerziehung in den 1950er bis 1970er Jahren
Im April 2012 schlug Herr Simon (Betroffener und Mitglied im begleitenden Arbeitskreis der LVR-Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder) der LVR-Direktorin die Einrichtung eines Erinnerungsortes an die schwarze Pädagogik in den Heimeinrichtungen der 1950er bis 1970er Jahre vor. Frau Lubek begrüßte die Idee und fragte an, welcher Ort sich aus Sicht des Dezernates 4 dafür anbietet. Es wurde der ehemalige Arrestzellen- trakt des Halfeshofes in Solingen vorgeschlagen. Frau Lubek stimmte dem zu.
Zunächst wurden das Vorhaben und die vorgeschlagene Örtlichkeit durch Dezernat 4, Vertretern des Halfeshofes (Frau Dr. Lambertz, Frau Weinhold, Herr Naylor), des Dezer- nates 9 (Herr Dr. Nabrings und Kollegin) und des Fachbereiches Kommunikation (Herr Döring) vorgestellt. Alle Beteiligten fanden diese Stätte geeignet und es wurde für das Projekt Zusammenarbeit beschlossen.
Am 25.07.2012 tagte der begleitende Arbeitskreis in Solingen und besichtigte ebenfalls den angedachten Erinnerungsort. Auch diesmal wurde der Ort als beeindruckend authentisch und damit sehr geeignet empfunden. Die Beteiligten sprachen sich einheitlich dafür aus, die Originalität der Räumlichkeiten auf jeden Fall zu erhalten.
Dieses Ergebnis wurde im Juli 2012 dem Landesrat Jugend vorgestellt, der Wert darauf legte, kein rein klassisches Museumsambiente aufzubauen, sondern die Eindrücklichkeit der Räumlichkeiten durch schlichte Gestaltung zur Wirkung kommen zu lassen.
In Zusammenarbeit mit Dezernat 9 (Dr. Nabrings) wurden die folgenden Eckpunkte zur Ausgestaltung und zum Betrieb des Erinnerungsortes erarbeitet:
• Zielgruppen sind Betroffene, Schüler (von Fachschulen), Studierende an Fach- hochschulen und Universitäten sozialer Fachrichtungen und weitere Interessierte.
• Besucher (-gruppen) werden nach Anmeldung begleitet, zunächst durch Mit- arbeiterinnen bzw. Mitarbeiter des Halfeshofes. Perspektivisch können Ehren- amtler eingebunden werden.
Bezifferbar sind aktuell folgende Kosten:
–2-
• Außen soll eine Tafel auf den Erinnerungsort und die Modalitäten von Besichtigun- gen hinweisen.
Auf dieser Basis hat der technische Dienst des Halfeshofes ein bauliches Konzept erar- beitet, das eine Annäherung an den Originalzustand bei vertretbaren Kosten vorsieht. Es wird vorgeschlagen, neben den notwendigen Säuberungs- und Ausbesserungsarbeiten die ursprüngliche Beleuchtung zu rekonstruieren und die Toiletten in den Zellen, die Klin- gelanlage und die Schlösser und Beschläge soweit möglich funktionsfähig, zumindest aber optisch instandzusetzen. Außerdem soll ein Anstrich in den Originalfarbtönen erfol- gen, wobei die noch vorhandenen Inschriften der Arrestanten erhalten bleiben. Die Um- setzung ließe ein beeindruckendes Abbild der damaligen Realität erwarten.
Für eine Arbeitsstunde werden vom Halfeshof üblicherweise ca. 51,– € in Rechnung ge- stellt. Ein gänzlicher Verzicht entspräche einem wirtschaftlichen Verlust für die wie ein Eigenbetrieb geführte Einrichtung, da die für dieses Projekt eingesetzte Arbeitsleistung nicht an anderer Stelle gewinnbringend eingesetzt werden kann.
Durch die Nutzungsänderung, bisher dienten die Räume lediglich als Lager, sind außer- dem überschaubare Kosten für Brandschutzmaßnahmen zu erwarten.
Das Herstellen von Barrierefreiheit stellt im Keller des Altbaus eine technische Herausfor- derung dar, ginge zu Lasten der Originalität des Ortes und würde weitere, vermutlich nicht unerhebliche Kosten verursachen. Ohne grundsätzliche Barrierefreiheit kann das Problem der Zugänglichkeit für Personen mit körperlichen Einschränkungen bei Bedarf durch menschliche Hilfe aus den benachbarten Werkstätten des Halfeshofes gelöst wer- den.
In Vertretung
Elzer
Guten Morgen Frau E., guten Morgen Herr G. und Herr S.,
angefügt Fotos von den „Zellen“ im Halfeshof, wo Ihre Idee einer Gedenkstätte, Herr S. m. E. ideal umgesetzt werden könnte.
Ich war vor ein paar Tagen da und muss sagen, in diesem Keller spürt man wirklich noch die Geister der schwarzen Pädagogik und der totalen Institution.
Was halten Sie davon, eine der nächsten unserer Sitzungen im Haslfeshof stattfinden zu lassen und das mit einem Besichtigungstermin zu verbinden?
Mit freundlichen Grüßen
Peter M. LVR-Landesjugendamt Rheinland Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder
Sehr geehrter Herr G., sehr geehrter Herr S.,
Herr M./LVR hat Ihren Antrag auf Förderung Ihrer in Gründung befindlichen Selbsthilfegruppe an mich weitergeleitet.
Ihr Engagement, eine Selbsthilfegruppe für ehemalige Heimkinder zu gründen, ist überaus anerkennenswert.
Der Lenkungsausschuss des Fonds Heimerziehung West hat in seiner Sitzung vom 29.02.12 beschlossen, dass die Entscheidung über die Verfahrensweise in Bezug auf Maßnahmen zur überindividuellen Aufarbeitung für das Jahr 2012 zurückgestellt wird.
Die Förderung einer Selbsthilfegruppe aus dem Fonds Heimerziehung West ist daher -jedenfalls derzeit – nicht möglich. (Anmerkg: erst im Jahr 2020 für den LVR)
Ich bedauere, Ihnen keine andere Antwort zukommen lassen zu können.
Mit freundlichen Grüßen
i.A. G.C.
Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben Referat 403 Geschäftsstelle Fonds Heimerziehung
Wir haben ohne finanzielle Unterstützung weiter gemacht und viele Ratsuchende auf eigene Kosten bis heute unterstützt.
Sehr geehrte Frau C.,
angefügt finden Sie den formlosen Antrag auf Förderung einer Selbsthilfegruppe ehemaliger Heimkinder aus dem Fonds Heimerziehung West.
Die beiden Antragsteller sind Mitglieder des begleitenden Arbeitskreises unserer Anlauf- und Beratungsstelle und von daher hier als engagierte Betroffene bestens bekannt. Aus fachlicher Sicht ist dieses Vorhaben natürlich sehr zu begrüßen.
Herr S. hat bereits Herrn Prof. Schruth informiert, der seine volle Unterstützung zugesagt hat. Da die aktuellen Vereinbarungsformulare auf individuelle Leistungen ausgerichtet sind, nehme ich an, dass dieser Antrag auf „überindividuelle“ Förderung dem Lenkungsausschuss des Fonds zur Beratung vorgelegt werden sollte und bitte Sie dies kurzfristig zu veranlassen.
Besten Dank!
Mit freundlichen Grüßen
LVR
Antwort von Hannelore Kraft
Mit Ihrem Schreiben vom 27. April 2012 haben Sie mich über Probleme informiert, für die von Ihnen geplante Gründung einer Selbsthilfegruppe eine Unterstützung aus dem Fonds ehemaliger Heimkinder zu erhalten.
Ich greife Ihre Bitte um Unterstützung gerne auf und habe mich vergewissert, dass der Fonds auch Maßnahmen zur individuellen und überindividuellen Aufarbeitung der Erfahrungen als Heimkind unterstützen kann. Allerdings trifft im Augenblick noch zu, das der Fonds die Entscheidung über Anträge zurückgestellt hat, weil zunächst gemeinsame Kriterien für eine Länderübergreifend vergleichbare Entscheidungspraxis in der zweiten Jahreshälfte erarbeitet werden sollen.
Das darf aus meiner Sicht aber nicht dazu führen, dass sinnvolle Vorhaben über einen längeren Zeitraum aufgeschoben werden müssen.
Ich habe mich deshalb dafür eingesetzt, dass im Einzelfall auch im Vorgriff eine Unterstützung für sinnvolle Maßnahmen bewilligt werden sollte. Das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport wird sich deshalb auf meine Bitte hin mit der Geschäftsstelle des Fonds Heimerziehung beim Bundesamt für Familie und Zivilgesellschaftliche Ausgaben sowie mit der Anlauf- und Beratungsstelle in Köln in Verbindung setzen.
Für Ihr Vorhaben wünsche ich Ihnen viel Erfolg.
Beste Grüße
Hannelore Kraft
Im Abschlussbericht des Runden Tisches „Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren“. Berlin, Dezember 2010 wurde auf der Seite 37 unter dem Punkt 3. Systematische Prüfung von Lösungswegen und Lösungsvorschläge vorgeschlagen
Unterstützung und ggf. Initiierung von Gesprächsgruppen ehemaliger Heimkinder (Selbsthilfegruppen)
Auf der zweiten Sitzung sollte sollte das Thema „Unterstützung von Selbsthilfeaktivitäten beraten werden
Am 17.4.2012 wurde dann eine Antrag mit Konzeption für eine Selbsthilfegruppe bei der LVR Anlaufstelle gestellt. Die Anlaufstelle unterstützte den Antrag wohlwollend.
Sehr geehrter Frau L,
ich bin Mitglied im begleitenden Arbeitskreis ehemaliger Heimkinder beim LVR.
Vorgestern war in Ihrem Hause und habe im Eingangsbereich eine für mich bewegende Ausstellung gesehen. Die Kinder in weiss , ein Engel, Fröhlichkeit. Ich habe nicht alles aufnehmen können, weil ich nur kurz vorbei ging. Im nach hinein hat es mich doch berührt. Solche Fröhlichkeit hätte ich in meiner Kindheit auch gern gehabt. Leider war dem nicht.
Ich möchte gerne anregen, eine Ausstellung auch für Heimkinder zu machen oder ein Mahnmal im LVR, das an das Leid von tausenden von Kinder, die in den Kinderheimen des LVR oder in Heimen, deren Aufsicht der LVR hatte, zu erinnern. Es wäre ein schöne Geste.
Mit freundlichen Grüssen
Arbeitskreis zur Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder tagt erstmalig
Betroffene engagieren sich in begleitendem Arbeitskreise / Erfahrung und Wissen ehemaliger Heimkinder soll in Beratungsarbeit einfließen / Umsetzung der Ziele des Runden Tisches Heimerziehung
Köln. 1. März 2012. Zum ersten Mal hat der begleitende Arbeitskreis zur Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) in Köln getagt. Nachdem zum Jahresbeginn beim LVR die Anlaufstelle für Betroffene eingerichtet wurde, wird mit der Einführung des begleitenden Arbeitskreises eine weitere zentrale Forderung aus dem Abschlussprotokoll des Runden Tisches Heimerziehung – die Einbeziehung ehemaliger Heimkinder – umgesetzt. Bei diesem ersten Treffen standen das gegenseitige Kennenlernen der Mitglieder sowie grundsätzliche Absprachen zur Zusammenarbeit im Arbeitskreis im Fokus.
Während in der Rheinischen Anlauf- und Beratungsstelle ehemalige Heimkinder Unterstützung bei der Beantragung von Leistungen aus dem Fonds Heimerziehung oder bei der Suche nach Heimakten erhalten, soll der begleitende Arbeitskreis die Erfahrung und das Wissen „Ehemaliger“ für die Beratungsarbeit nutzbar machen. Außerdem könnten die Mitglieder des Arbeitskreises als Mittler agieren, wenn bei Betroffenen Schwellenängste bestehen, Leistungen aus dem Fonds zu beantragen.
Zur ersten Sitzung des Arbeitskreises begrüßte LVR-Jugenddezernent Reinhard Elzer die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. „Der Arbeitskreis hat für unsere Anlauf- und Beratungsstelle eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Niemand kann sich besser in Betroffene einfühlen und kennt deren Probleme besser, als die Betroffenen selbst. Wir sind dankbar dafür, dass sich drei ehemalige Heimkinder dazu bereit erklärt haben, ihre Kenntnisse und Erfahrungen als Experten in eigener Sache einzubringen“, so Elzer.
Im Arbeitskreis sitzen neben den beiden LVR-Fachberatern Peter M. und Jutta P. drei Menschen, die während ihrer mehrjährigen Heimaufenthalte unter den schlechten Bedingungen in den damaligen Erziehungsheimen leiden mussten:
Der 64-jährige Christoph S. kommt aus Würselen bei Aachen und hat acht Jahre in zwei Kinderheimen gelebt. „Diese Erfahrung hat mich geprägt“, sagt er. Nach 35-jähriger Berufstätigkeit als Diplom-Betriebswirt und kaufmännischer Leiter engagiert er sich seit mehreren Jahren ehrenamtlich im Sozialausschuss der Städteregion Aachen. Seit mehr als 13 Jahren war er zudem als ehrenamtlicher Richter am Sozialgericht und nun am Bundessozialgericht tätig.
Irmgard E. ist 63 Jahre alt und lebt in Köln-Rodenkirchen. „Etwa zwei Jahre habe ich gegen meinen Willen in einem geschlossenen Heim gelebt. Das und auch die schwierige Zeit danach haben mich sehr belastet“, sagt sie. Vom begleitenden Arbeitskreis verspricht sie sich, dasstraumatisierten ehemaligen Heimkindern in ihrer jetzigen Lebenssituation effektive Hilfe angeboten werden kann.
Auch Reiner G. wohnt in Köln. Er ist 51 Jahre alt und hat von 1969 bis 1979 schlimme Erfahrungen im Heim gemacht. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Schicksal anderer ehemaliger Heimkinder und hat in eigener Sache bereits umfangreiche Recherchen angestellt. Er hofft, dass er mit diesen Erfahrungen anderen Betroffenen helfen kann.
Der Arbeitskreis zur Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder wird künftig alle zwei Monate tagen.