ErinnerungsKultur

Die Initiative zur Etablierung einer Erinnerungskultur am Solingen-Halfeshof begann mit einer Korrespondenz des Herr Simon an die LVR-Direktorin Frau Lubek. Dieses Vorhaben fand positive Resonanz und wurde daraufhin in den politischen Gremien des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) zur Umsetzung gebracht. Ziel war es, in Kooperation mit Dezernat 9, die konzeptionellen und operativen Rahmenbedingungen dieses Erinnerungsortes zu definieren.

Die primären Zielgruppen für diesen Erinnerungsort umfassen Betroffene, Schüler von Fachschulen, Studierende sozialwissenschaftlicher Fachrichtungen an Hochschulen und Universitäten sowie die allgemeine interessierte Öffentlichkeit.

Besuchergruppen erhalten nach vorheriger Anmeldung eine Begleitung, die initial durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Halfeshofes erfolgt. Perspektivisch ist die Integration von ehrenamtlichen Kräften in die Besucherführung vorgesehen.

Ein zentrales Anliegen bei der Gestaltung des Erinnerungsortes ist der weitestmögliche Erhalt der Authentizität der Stätte. Dies soll den Besuchern ermöglichen, den damaligen Zeitgeist unverfälscht zu erfahren. Entsprechend werden Informationsmedien wie Fotos und Texttafeln sparsam und dezent eingesetzt. Für Besucher mit vertiefendem Informationsbedarf wird ein spezifischer Flyer entwickelt, der auf den Erkenntnissen der LVR-Studie „Verspätete Modernisierung“ basiert und vor Ort ausgelegt wird.


"angefügt Fotos von den "Zellen" im Halfeshof, wo Ihre Idee einer Gedenkstätte, Herr Simon, m. E. ideal umgesetzt werden könnte. Ich war vor ein paar Tagen da und muss sagen, in diesem Keller spürt man wirklich noch die Geister der schwarzen Pädagogik und der totalen Institution." Mail vom LVR... April 2012

Pressemittlung des LVR’s

Heimkinder-Erinnerungsort im Solinger Halfeshof

Anlauf- und Beratungsstellen von LVR und LWL besichtigen mit begleitenden Arbeitskreisen ehemaligen Arrestzellentrakt des Jugendheims Halfeshof / Fotos, Texttafeln und Publikationen informieren über Erziehungspraxis in Jugendheimen der 50er bis 70er-Jahre / Erinnerungsstätte ergänzt LVR-Aufklärung zum Thema ehemalige Heimkinder

Solingen/Köln. 19. September 2013. Der Arrestzellentrakt im Solinger Jugendheim Halfeshof ist ein erschütterndes Zeugnis der Erziehungspraktiken, die in der Nachkriegszeit und bis in die Siebzigerjahre in deutschen Heimen an der Tagesordnung waren. Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) hat in dem Keller seiner Solinger Jugendhilfe-Einrichtung nun einen Erinnerungsort eingerichtet. Die Kellerräume sind weitestgehend im Originalzustand erhalten und sollen Gästen einen ungefilterten Eindruck des damaligen Zeitgeistes vermitteln. Historische Dokumente in Form von Fotos und Schriftstücken sowie Informationsmedien klären Besucherinnen und Besucher über die dunklen Kapitel der Heimerziehung im Rheinland auf.

Die Anlauf- und Beratungsstellen für ehemalige Heimkinder von LVR und Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) werden in zwei begleitenden Arbeitskreisen von Betroffenen bei ihrer Arbeit unterstützt. In Solingen haben sich nun Vertreterinnen und Vertreter aus beiden Anlaufstellen und Arbeitskreisen zu einer gemeinsamen Sitzung und Besichtigung des Erinnerungsortes getroffen. Nachdem LVR-Jugenddezernent Reinhard Elzer sich bereits im Rahmen einer Betriebsausschusssitzung der LVR-Jugendhilfe Rheinland einen Eindruck von den Räumen verschafft hatte, besuchte im Rahmen des Treffens nun auch Hans Meyer, Jugenddezernent des LWL, den Erinnerungsort.

Die Einrichtung eines Ortes, der an die Heimerziehung der 50er bis 70er-Jahre erinnert, ist Teil der Aufklärungsbemühungen der Landschaftsverbände. LWL und LVR haben bereits im Jahr 2009 je eine Telefon-Hotline für ehemalige Heimkinder eingerichtet. Diese hat seitdem viele Betroffene bei der Recherche in der eigenen Vergangenheit unterstützt, etwa durch Hilfe bei der Suche nach Heimakten. In Heimkinderstudien haben LWL und LVR die Vorgänge in ihren Jugendhilfe-Einrichtungen und die Rolle ihrer Landesjugendämter als Heimaufsicht im Zeitraum vom Kriegsende bis in die 1970er Jahre von Forschern untersuchen lassen. Seit 2012 arbeiten bei den beiden Landschaftsverbänden Anlauf- und Beratungsstellen für ehemalige Heimkinder, die Betroffene bei ihren Anliegen unterstützen.

Erinnerung an das Leid der ehemaligen Heimkinder

Pressemitteilung vom 17.01.2014

Politikerinnen und Politiker aus NRW haben heute den Erinnerungsort im Jugendheim Halfeshof besucht. In der seit 1911 bestehenden Einrichtung für Kinder und Jugendliche befindet sich ein fast unverändert erhaltener Arrestzellentrakt im Untergeschoß, der an die unwürdige Behandlung vieler Heimkindern in den 50er und 60er Jahren erinnert.  Der Landschaftsverband Rheinland hat diesen Ort im vergangenen  Jahr zugänglich gemacht.

Dazu erklärt die stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin und/oder NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann:

„Es ist wichtig,  das Geschehen in den Kinder- und Jugendheimen in der Nachkriegszeit klar zu benennen.  In vielen Einrichtungen, so auch im Halfeshof,  wurden  Kinder- und Jugendliche grausam und entwürdigend behandelt. Ich bin dem Landschaftverband sehr dankbar, dass er diesen Ort erhalten hat, um der heutigen Generation diese Seite der Pädagogik der Nachkriegszeit anschaulich zu machen.“

Katja Dörner, stellvertretenden Fraktionsvorsitzende der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen:

„ Wer diesen Ort gesehen hat, weiß, wie wichtig es ist, dass  Thema Heimerziehung in der Nachkriegszeit nicht mehr unter den Teppich zu kehren. Ich habe im Bundestag die Umsetzung der Empfehlungen des  Runden Tischs Heimerziehung begleitet und dabei  viel über die Schicksale zahlreicher Betroffener erfahren. Dieser Ort belegt das Ergebnis der zweijährigen Arbeit am Runden Tisch: In der Heimerziehung der frühen Bundesrepublik wurden die Rechte der Heimkinder durch körperliche Züchtigungen, sexuelle Gewalt, religiösen Zwang und Arbeitszwang massiv verletzt. Es ist wichtig, dass sich der Bund wie auch die Länder und Kommunen ihrer Verantwortung stellen.“ 

Ernst-Christoph Simon, Stadtverordneter aus Würselen und als Zeitzeuge Mitglied im Heimkinderbeirat des Landschaftsverbandes  Rheinland:

„Ohne den Einsatz vieler ehemaliger Heimkinder wäre dieses Kapitel der westdeutschen Nachkriegsgeschichte nicht bekannt geworden.  Viel zu viele wollen darüber immer noch schweigen. Gut, dass sich das jetzt ändert. Dazu trägt dieser Ort bei.“

Verbreitung der Erinnerungskultur im Schulbuch

Der Klettbuch-Verlag hat die Heimgeschichte der Brüder Simon ins Schulbuch 2012 aufgenommen

https://www.klett.de/produkt/isbn/978-3-12-313276-6?searchQuery=9783123132766