Arbeit der Aufarbeitungskommission erhält gesetzliche Grundlage


31.01.2025 – Einstimmig hat der Bundestag das „Gesetz zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ beschlossen. Damit wird die Arbeit der Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs gestärkt. Die Arbeit von Aufarbeitungskommission und Betroffenenrat wird langfristig gesichert.


Die Mitglieder der Aufarbeitungskommission begrüßten die Verabschiedung des Gesetzes. Damit würden die Rechte Betroffener sowie die Rolle der Aufarbeitungskommission gestärkt.

Mit dem Gesetz wird der Betroffenenrat, angesiedelt bei der Unabhängigen Beauftragten, ebenso verstetigt wie die Aufarbeitungskommission. Die Kommission kann damit weiter Anhörungen von Betroffenen und öffentliche Hearings durchführen sowie Forschungsprojekte anstoßen. Zusätzlich soll die Beratung von Institutionen, die aufarbeiten wollen, verstärkt werden. Die Kommissionsvorsitzende Julia Gebrande betonte, das lasse die Kommission positiv in die Zukunft schauen und Kraft schöpfen für den weiteren herausfordernden Weg. Denn auch wenn das Gesetz auf vielfache Weise die Unterstützung Betroffener sexualisierter Gewalt verbessere, gebe es wichtige Punkte, die von einer zukünftigen Regierung im Koalitionsvertrag berücksichtigt, noch weiter ausgebaut und vor allem mit Ressourcen unterlegt werden müssten:

  1. Betroffene müssen ein umfassendes Akteneinsichtsrecht erhalten. Es darf nicht nur für die Kinder- und Jugendhilfe gelten, sondern muss auch andere Bereiche wie Schule, Sport und Kirchen mit einbeziehen und möglichst niedrigschwellig gewährt werden.
  2. Das Gesetz ist keine Garantie dafür, dass Institutionen ausreichend Verantwortung hinsichtlich der Aufarbeitung übernehmen. Daher müssen sie verpflichtet werden, bekannt gewordene Fälle sexuellen Kindesmissbrauchs umfassend aufzuarbeiten. Die Kommission muss diese Pflicht durchsetzen können.
  3. Die finanzielle und personelle Ausstattung der ehrenamtlich arbeitenden Kommission und ihres Büros muss verbessert werden. Nur so kann sie die zusätzlichen Aufgaben erfüllen, die das Gesetz ihr anvertraut. Dazu gehören etwa die Förderung, Unterstützung, Beobachtung und Begleitung der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland und der DDR sowie die Verpflichtung zur Berichtslegung.
  4. Damit die Kommission ihre Aufgaben effektiv wahrnehmen kann, ist es unabdingbar, dass ihre Mitglieder und ihre Anhörungsbeauftragten ein Zeugnisverweigerungsrecht erhalten, insbesondere im Strafverfahren.

Auch die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Kerstin Claus, begrüßte das Gesetz. Der Kampf gegen sexualisierte Gewalt von Kindern und Jugendlichen habe auch in Zeiten des Wahlkampfes fraktionsübergreifend Priorität. Gerade für Betroffene sei dies – exakt 15 Jahre nach dem Beginn des sogenannten Missbrauchsskandals – ein immens wichtiges Zeichen politischer Verantwortungsübernahme. Sie lobte, dass insbesondere die im Gesetz festgeschriebene regelmäßige Berichtspflicht gegenüber Bundestag und Bundesrat dazu beitragen werde, dass Politik durch das Gesetz künftig noch zielgerichteter agieren könne.

Die Heimerziehung in den 1940er- bis 1970er-Jahren in der damaligen Bundesrepublik und bis 1989 in der ehemaligen DDR hat Kinder und Jugendliche nicht nur in ihren Menschenrechten verletzt. Die Folgen der erfahrenen (sexualisierten) Gewalt sind tiefgreifend und begleiten die Betroffenen  ein Leben lang. Dem gesellschaftlichen Umgang mit der Gewalt in den damaligen Institutionen kommt daher eine wichtige Bedeutung für den individuellen wie kollektiven Aufarbeitungsprozess zu. Bis heute sind zudem viele Kinder von sexualisierter Gewalt in Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe und der Behindertenhilfe betroffen, in denen sie Schutz und Fürsorge bekommen sollten. Viele Betroffene kämpfen damals wie heute um Anerkennung ihres erlebten Unrechts. Die nach dem Runden Tisch Heimerziehung eingerichteten Fonds „Heimerziehung West“ und „Heimerziehung in der DDR“ stehen zurecht in der Kritik. Die Leistungen sind vielfach nicht ausreichend. Sie haben Betroffene teilweise nicht erreicht oder ihnen unzumutbare Hürden auferlegt und dadurch erneut zu Demütigungen geführt. Bisher steht die Aufarbeitung noch vor vielen offenen Fragen: Wer übernimmt Verantwortung für das erlittene Unrecht? Welche Strukturen in den Heimen begünstigten sexualisierte Gewalt? Wie kann eine staatliche Verantwortungsübernahme durch Politik und Gesellschaft erfolgen? In dem Hearing werden Betroffene von sexualisierter Gewalt in Heimen die Gelegenheit haben, über das erlebte Unrecht zu sprechen. Darüber werden sie sich gemeinsam mit weiteren Expertinnen und Experten sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Wissenschaft, Verwaltung und Praxis austauschen. Wir laden Sie herzlich zur Teilnahme an unserem Hearing „Heimkindheiten hinter Schweigemauern: Betroffene haben ein Recht auf Aufarbeitung!“ am 17. Juni 2025 in Berlin ein. Bitte merken Sie sich den Termin vor. Die Veranstaltung wird in Leichte Sprache und Gebärdensprache übersetzt. Weitere Informationen zu Programm und Anmeldung lassen wir Ihnen zukommen. Sie können uns Ihre Anregungen für das Hearing über diesen Link bis zum 15. April 2025 mitteilen:

LVR fördert Selbsthilfegruppen ehemaliger Heimkinder

03. Februar 2025 | Jugend

Finanzielle Unterstützung für selbstorganisierte Initiativen von Menschen, die Leid und Unrecht in Einrichtungen der Jugend- und Behindertenhilfe oder der Psychiatrie im Rheinland erlitten haben

Köln, 3. Februar 2025. Der Landschaftsverband Rheinland (LVR) unterstützt bereits seit 2020 Selbsthilfegruppen ehemaliger Heimkinder im Rheinland durch eine finanzielle Förderung. Selbstorganisierte Initiativen sollen so langfristig und nachhaltig stabilisiert werden. In 2025 und 2026 stellt der LVR hierzu jährlich 100.000 Euro zur Verfügung.

Viele Kinder und Jugendliche haben während der 1950er- bis 1970er-Jahre in Heimen der Jugend- und Behindertenhilfe oder in der Psychiatrie Unrecht erlebt. Zu diesen Erlebnissen gehören sexueller Missbrauch und andere Formen der Misshandlung. Häufige Folgen dieser oft traumatischen Erfahrungen sind unter anderem soziale Unsicherheiten, Ängste, Armut, Einsamkeit und Sucht.

In einigen Städten haben sich betroffene Menschen in Selbsthilfegruppen zusammengeschlossen und seit 2020 mehrfach eine finanzielle Unterstützung durch den LVR erhalten. Sie tauschen sich über ihre Erfahrungen aus, unterstützen sich in schwierigen Angelegenheiten oder organisieren gemeinsame Unternehmungen. „Ich bin davon überzeugt, dass Selbsthilfe oft die beste Hilfe ist. Sie kann viel dazu beitragen, traumatische Erfahrungen zu verarbeiten. Ehemalige Heimkinder, die sich bereits in der Selbsthilfe engagieren, wollen wir fördern. Diejenigen, die sich künftig engagieren wollen, möchten wir darin gerne bestärken“, sagt LVR-Jugenddezernent Knut Dannat.

Selbsthilfegruppen ehemaliger Heimkinder können Fördermittel beim LVR schriftlich beantragen. Aus dem Antrag muss hervorgehen, dass es sich um eine Initiative von und für Menschen handelt, die in der Vergangenheit in Einrichtungen der Jugend- und/oder Behindertenhilfe, Psychiatrien oder Heilpädagogischen Einrichtungen gelebt haben. Der Antrag muss für die Förderjahre 2025 und 2026 jeweils bis zum 1. März vorliegen. Weitere Informationen sind auf der LVR-Website zu finden.

Anmerkungen zu Beschlüsse des Gremiums Landesjugendhilfeausschuss
öffentlich offene Beschlüsse vom 06.02.2025

Der Landschaftsverband Rheinland
stellt in Fortführung des Antrags
14/307 erneut Fördermittel zur Verfü-
gung für rheinische Selbsthilfeprojekte
ehemaliger Heimkinder und Menschen,
die in Psychiatrie und Behindertenhilfe
in der Zeit von 1949 bis 1975 Unrecht
und Leid erfahren haben. Hierzu wer-
den in den Jahren 2024, 2025 und
2026 jeweils 200.000 Euro (insgesamt
600.000 Euro) bereitgestellt.

Die Verwaltung wird beauftragt, ent-
sprechende Förderrichtlinien zu erar-
beiten, die der Vertretung zur Be-
schlussfassung vorgelegt werden.

Unabhängig von den in Punkt 1 des
Beschlussvorschlages zu beschließen-
den Mitteln wird die Verwaltung aufge-
fordert, sich sowohl beim Bund als
auch im Land dafür einzusetzen, dass
die finanzielle Unterstützung der
Selbsthilfeprojekte im Sinne der bishe-
rigen Stiftung fortgesetzt wird.

Der LA hat in seiner Sitzung am 25.06.2024 die
Punkte 1 und 2 beschlossen.
Die LVers hat in ihrer Sitzung am 11.12.2024 be-
schlossen, die zur Verfügung stehenden Mittel
von jeweils 200.000 EUR für die Jahre 2024,
2025 und 2026 um die Hälfte zu kürzen. Es wer-
den somit in den Jahren 2024, 2025 und 2026 je-
weils 100.000 EUR zur Verfügung gestellt.
Zu Punkt 3 hat das LVR-Landesjugendamt Rhein-
land im Rahmen der BAGLJÄ eine Abfrage gestar-
tet, wie sich die Situation in den einzelnen Bun-
desländern darstellt

Demo im Bistum Aachen

Betroffenenrat Aachen lädt zu Protestkundgebung am 18. November ein.
Breite Unterstützung durch kirchliche Räte und Verbände

„Ein Grund sich zu schämen“: Dieses Wort von Papst Franziskus wird das Motto einer Kundgebung sein, zu der der Betroffenenrat im Bistum Aachen am Montag, 18. November, um 17.30 Uhr auf dem Münsterplatz zu einer Kundgebung einlädt.
Nach der Einrede der Verjährung durch das Bistum Aachen folgen weitere Bistümer diesem schlechten Beispiel. Das ist besonders bedauerlich, da Bischof Dr. Helmut Dieser in mehreren Gesprächen Betroffene zur Klage aufgefordert hat und dabei auch mitteilte, auf die Einrede der Verjährung zu verzichten. Der Betroffenenrat hält die Einrede der Verjährung für unmoralisch. Mitglieder des Betroffenenrates werden bei der Veranstaltung auch das sog. Aachener Modell vorstellen. Dieses Verfahren einer außergerichtlichen Einigung zur Höhe eines angemessenenSchmerzensgeldes wurde durch den Betroffenenrat entwickelt. Es wurde in etwa zehnstündigen Verhandlungen mit dem ehemaligen Generalvikar diskutiert und letztlich durch das Bistum ohne Begründung abgelehnt.
Die Kundgebung wird durch mehrere katholische Verbände, Katholikenräte und den Diözesanrat Aachen unterstützt. Die Betroffenen und ihre Vertretung hoffen auf eine rege Teilnahme.

Machtsensible Pädagogik

Am 27.3.2023 haben Prof Ulrich Deller und Ernst Christoph Simon im Rahmen des Zeitzeugensgesprächs mit ca 40 Studenten (Studium Erzieherin) der Käthe- Kollwitz Schule über persönliche Erlebnisse und Eindrücke gesprochen. Prof Deller ordnete die Erlebnisse in die Zeitperiode ein. Daraus erwuchs eine lebhafte Diskussion, die einen Raum zur Auseinandersetzung mit der Machtsensiblen Pädagogik geboten hat und damit einen wichtigen Beitrag in der Ausbildung zukünftiger Fachkräfte.

Foto 2022

Am 25.09.2024 gab es ein weiteres nun 3. ZeitzeugenGespräch mit ca 60 Studierenden der Käthe-Kollwitz Schule und dem BK Simmerath. Moderatorin Jo Siemon vom Bildungsbüro der Städteregion Aachen

Die Unabhängige Kommission ..

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs möchte Betroffenen die Möglichkeit geben, von der Gewalt und dem erlebten Unrecht zu berichten. Dieses Angebot gilt auch für Zeitzeug*innen, die von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche berichten können.

Dafür bietet die Kommission in verschiedenen Regionen Deutschlands vertrauliche Anhörungen durch ihre Anhörungsbeauftragten an. Die Gespräche finden in einem sicheren und geschützten Rahmen statt und dauern ca. zwei Stunden. Sie können vor Ort oder im Videoformat stattfinden. Während der Anhörung entscheiden allein die anzuhörenden Personen, was sie sagen möchten und was nicht. Es gibt kein Richtig und kein Falsch. Zu dem Gespräch können Betroffene eine Freundin oder einen Freund, ein Familienmitglied oder eine andere Person zur Unterstützung mitbringen. Wir erstatten der betroffenen Person und ihrer Begleitung die Kosten für die Reise und Übernachtung.

In Nordrhein-Westfalen führen verschiedene Rechtsanwält*innen für die Kommission die vertraulichen Anhörungen durch: Gesine Ickert in Dortmund sowie Petra Ladenburger und Martina Lörsch in Köln und in Bonn. Informationen zu allen Anhörungsbeauftragten finden Sie auf unserer interaktiven Karte.

https://www.aufarbeitungskommission.de/ihre-geschichte/vertrauliche-anhoerung/

Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie Betroffene im Rahmen Ihrer fachlichen Tätigkeit auf die Möglichkeit der vertraulichen Anhörung hinweisen. Möglicherweise ist dies für die eine oder andere Person ein passendes Angebot, das ihre persönliche Bewältigung und Aufarbeitung unterstützen kann.

Hier der Flyer als pdf

https://www.aufarbeitungskommission.de/wp-content/uploads/Flyer-Aufarbeitungskommission_bf.pdf

Evangelische Kirche: 9.355 Missbrauchsopfer – 3.500 Beschuldigte

Seit Jahrzehnten hat es auch in der Evangelischen Kirche sexualisierte Gewalt gegeben. Eine Studie offenbart nun das Ausmaß: Demnach wurden mindestens 1.259 mutmaßliche Täter dokumentiert. Wohl nur die Spitze des Eisbergs.

Sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche hat es in der Evangelischen Kirche in größerem Ausmaß gegeben als bislang angenommen. Ein von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) beauftragtes unabhängiges Forscherteam stellte in Hannover seine Studie vor, in der von mindestens 2.225 Betroffenen und 1.259 mutmaßlichen Tätern die Rede ist. Das sei jedoch nur die „Spitze der Spitze des Eisbergs“.

Hochrechnung ergibt noch höhere Zahlen

Es gebe Kenntnisse über weitere Fälle, die aufgrund fehlender Informationen nicht hätten strukturiert erfasst werden können, heißt es in der Mitteilung des Forscherteams. Untersucht wurden den Angaben zufolge flächendeckend nur Disziplinarakten. In einer Hochrechnung, die aus Sicht des Forscherteams mit „sehr großer Vorsicht“ betrachtet werden muss, ergäbe sich eine Zahl von insgesamt 9.355 Betroffenen bei geschätzt 3.497 Beschuldigten.

Bislang war nur bekannt, wie viele Betroffene sich in den vergangenen Jahren an die zuständigen Stellen der Landeskirchen gewandt haben. Nach Angaben der EKD waren das 858.

Begründung der Kirche: Personalmangel

Wie Monitor weiter erfuhr, erklärten die Landeskirchen im Verlauf des Forschungsprojekts, nicht genügend Personal zu haben, um die geforderten Daten bereitstellen zu können. Die Folge: Während 2018 für das katholische Pendant, die sogenannte MHG-Studie, fast 40.000 Personalakten ausgewertet wurden, konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im neuen evangelischen Projekt nicht auf die gleichen Daten zurückgreifen.

Daraus ergibt sich ein reduzierender Effekt: Die anhand von Akten recherchierten Zahlen von Missbrauchstätern wird deutlich geringer ausfallen als es bei der eigentlich geplanten Personalakten-Analyse der Fall gewesen wäre. Auch die Zahl von Betroffenen droht laut den Recherchen von Monitor aufgrund der selektiven Datenlage unterschätzt zu werden.

Bei der Vorstellung der sogenannten ForuM-Studie am Donnerstag dürften die Hindernisse bei der Datenerhebung auch öffentlich benannt werden. Vorher wollten sich mehrere an der Studie beteiligte Wissenschaftler trotz Nachfrage von Monitor nicht dazu äußern.

Hier der Link der Studie falls nicht mehr vorhanden dann hier

Zusammenfasssung der Studie

Anmerkung zum Thema Heimerziehung

Heimerziehung kommt zwar vor wird aber nicht vertieft.

Den Tätern*innen wird vergeben…

  • „EKD und Diakonie bitten ehemalige Heimkinder um Verzeihung“
  • „zu der entsprechenden konfessionellen Zwangsmissionierung vor dem Hintergrund einer konfessionellen Rettungspädagogik mit ihrer problematischen Verbindung aus geforderter hingebender Liebe und autoritär strafender Zucht“
  • „Zum Runden Tisch Heimerziehung führte der Ratsvorsitzende aus, es sei eine wichtige Erkenntnis, dass die Misshandlung vieler Heimkinder in den 50-er und 60-er Jahren nicht einfach individuellen Übergriffen zuzuschreiben, sondern auch durch eine ‚zum System gewordene Erziehungskonzeption‘ bedingt sei“
  • Sexualisierte Gewalt in Institutionen: 
  • Sexualisierte Gewalt findet häufig in geschlossenen Systemen statt.  
  • Zeitliche Schwerpunkte der Missbrauchsfälle in Institutionen sind die Jahre zwischen 1960 und 1980.  
  • Die Tabuisierung von Sexualität und Macht steht mit Gewaltverhältnissen in Zusammenhang.  
  • Die Mehrzahl der Einrichtungen, in denen Gewalt ausgeübt wurde, ist in kirchlicher Trägerschaft.  
  • Betroffene der älteren Vergangenheit sind vorwiegend männliche Kinder und Jugendliche.  
  • Gewalterfahrungen von Heimkindern wurden erst spät bekannt gemacht.  
  • Sexuelle Übergriffe durch gleichaltrige und ältere Kinder sowie Jugendliche in stationären Einrichtungen stellen eine erhebliche Gefahr dar. 

Sexueller Kindesmissbrauch und die Arbeit der Jugendämter

In der Studie wurden die Erfahrungen Betroffener sexueller Gewalt und Angehöriger Betroffener mit Jugendämtern, teilweise auch mit Trägern der freien Jugendhilfe oder Familiengerichten ausgewertet. Zudem wurden dazugehörige Jugendamtsakten analysiert und mit langjährigen Expert*innen aus der Fachpraxis Interviews geführt.

Die Auswertungen zeigen, wie Hilfe seitens der Fachkräfte bei Jugendämtern und anderer Institutionen geleistet oder nicht geleistet wurde und welche Bedingungen dazu führten. Die Studie wird ergänzt durch Empfehlungen für Strukturen und Rahmenbedingungen, die es braucht, damit Jugendämter schützend und helfend tätig werden und die Erfahrungen von Betroffenen einbeziehen können, um Abläufe und Strukturen in Hilfeverläufen zu verbessern.

Studie als pdf

oder als Link

„Nächstenliebe hat sich seit Jahrzehnten nicht so bewährt“

Betroffenenbeirat des Bistums Aachen äußert sich zu Entschädigungsleistungen.

Studiogespräch mit Theo Dierkes von der WDR Reaktion zum Thema Geldzahlungen für die Betroffenen

Auszug:

Wäre es nicht eigentlich hilfreich wenn die Küche einfach großzügiger wäre. Ganz klar, ich habe das Gefühl, die Bischöfe fühlen sich manchmal den Betroffenen von Missbrauch weniger verpflichtet als dem Geld der Kirche. Also ganz klar gibt es Mahnungen der Juristen bei der Bischofskonferenz, die sagen, ihr seid eurem Geld verpflichtet und es könnte irgendwelche Schadenersatzforderungen geben, wenn ihr zuviel Geld einfach verschenkt in eine Richtung. Und da sind Bücher für Sorgen voll. Ich finde, sie sollten da offener sein und die Sorge lieber den Missbrauchsbetroffenen lassen. Und ehrlich gesagt so richtig kist das auch nicht die herangehensweise. Christlich heißt zu denen am Rand hingehen und mit denen wirklich Nächstenliebe Liebe üben. Und das hat sich über Jahrzehnte offenbar nicht so sehr bewährt.

Mehrere Betroffene von Missbrauch wollen Bistum Aachen verklagen

Dem Bistum Aachen drohen mehrere Schmerzensgeldklagen von Missbrauchsbetroffenen. Seine Kanzlei bereite sechs solcher Klagen vor, bestätigte der Bonner Anwalt Hans-Walter Wegmann einen Bericht der „Aachener Zeitung“ (Donnerstag). Wegmann hatte mit seinem Kollegen Eberhard Luetjohan auch dem ehemaligen Messdiener Georg Menne vertreten.

Auszug aus der Lokalzeit

Das Landgericht Köln stellte in dem Fall eine Pflicht des Erzbistums zur sogenannten Amtshaftung fest. Nach dem inzwischen rechtskräftigen Urteil sprach es Menne 300.000 Euro zu. Damit billigte erstmals ein deutsches Gericht einem Opfer von sexualisierter Gewalt in der Kirche einen Anspruch auf Schmerzensgeld zu, das überdies relativ hoch ausfiel. Die Kirche hatte Menne nur 25.000 Euro in Anerkennung des Leids gezahlt.

In einem der sechs Aachener Fälle versuchte Luetjohann laut dem Zeitungsbericht vergeblich, mit dem Aachener Bischof Helmut Dieser eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Dabei geht es um eine Frau, die Mitte der 1980er-Jahre von einem heute noch lebenden Pfarrer missbraucht worden sein soll und 500.000 Euro Schmerzensgeld fordert. Eine Sprecherin des Bistums Aachen sagte dazu auf Anfrage, dass jedem Betroffenen der Klageweg offen stehe. Ansonsten unterstütze die Diözese das kirchliche System freiwilliger Zahlungen in Anerkennung des Leids. Man gehe davon aus, dass die von der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) eingesetzte Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen UKA künftig bei der Festsetzung der Zahlungen das Kölner Urteil berücksichtige.

Wegmann: Täglich melden sich in Kirche missbrauchte Menschen

Wegmann sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), dass sich täglich in seiner Kanzlei in der Kirche missbrauchte Menschen meldeten. Inzwischen seien es über 300 Fälle. Ein anderer Anwalt aus Jülich verlangt für seinen Mandanten 600.000 Euro vom Bistum Aachen. Auch er plant, gerichtliche Schritte einzuleiten, wie er der KNA sagte. Sein Mandant soll zwischen 1972 und 1980 mehrere hundert Male vergewaltigt und missbraucht worden sein und hatte von der Kirche 80.000 Euro erhalten.

Nach dem Kölner Urteil hatte die UKA höhere Zahlungen an Missbrauchsbetroffene angekündigt. Die dem Verfahren zugrundeliegende Ordnung gebiete es, die Anerkennungsleistungen im oberen Bereich der durch staatliche Gerichte in vergleichbaren Fällen zuerkannten Schmerzensgelder zu orientieren, hieß es. Das Kölner Urteil falle zweifellos unter diese Kategorie.

Quelle : https://katholisch.de/artikel/46784-mehrere-betroffene-von-missbrauch-wollen-bistum-aachen-verklagen