Arbeitskreis zur Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder tagt erstmalig
Betroffene engagieren sich in begleitendem Arbeitskreise / Erfahrung und Wissen ehemaliger Heimkinder soll in Beratungsarbeit einfließen / Umsetzung der Ziele des Runden Tisches Heimerziehung
Köln. 1. März 2012. Zum ersten Mal hat der begleitende Arbeitskreis zur Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder beim Landschaftsverband Rheinland (LVR) in Köln getagt. Nachdem zum Jahresbeginn beim LVR die Anlaufstelle für Betroffene eingerichtet wurde, wird mit der Einführung des begleitenden Arbeitskreises eine weitere zentrale Forderung aus dem Abschlussprotokoll des Runden Tisches Heimerziehung – die Einbeziehung ehemaliger Heimkinder – umgesetzt. Bei diesem ersten Treffen standen das gegenseitige Kennenlernen der Mitglieder sowie grundsätzliche Absprachen zur Zusammenarbeit im Arbeitskreis im Fokus.
Während in der Rheinischen Anlauf- und Beratungsstelle ehemalige Heimkinder Unterstützung bei der Beantragung von Leistungen aus dem Fonds Heimerziehung oder bei der Suche nach Heimakten erhalten, soll der begleitende Arbeitskreis die Erfahrung und das Wissen „Ehemaliger“ für die Beratungsarbeit nutzbar machen. Außerdem könnten die Mitglieder des Arbeitskreises als Mittler agieren, wenn bei Betroffenen Schwellenängste bestehen, Leistungen aus dem Fonds zu beantragen.
Zur ersten Sitzung des Arbeitskreises begrüßte LVR-Jugenddezernent Reinhard Elzer die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. „Der Arbeitskreis hat für unsere Anlauf- und Beratungsstelle eine nicht zu unterschätzende Bedeutung. Niemand kann sich besser in Betroffene einfühlen und kennt deren Probleme besser, als die Betroffenen selbst. Wir sind dankbar dafür, dass sich drei ehemalige Heimkinder dazu bereit erklärt haben, ihre Kenntnisse und Erfahrungen als Experten in eigener Sache einzubringen“, so Elzer.
Im Arbeitskreis sitzen neben den beiden LVR-Fachberatern Peter M. und Jutta P. drei Menschen, die während ihrer mehrjährigen Heimaufenthalte unter den schlechten Bedingungen in den damaligen Erziehungsheimen leiden mussten:
Der 64-jährige Christoph S. kommt aus Würselen bei Aachen und hat acht Jahre in zwei Kinderheimen gelebt. „Diese Erfahrung hat mich geprägt“, sagt er. Nach 35-jähriger Berufstätigkeit als Diplom-Betriebswirt und kaufmännischer Leiter engagiert er sich seit mehreren Jahren ehrenamtlich im Sozialausschuss der Städteregion Aachen. Seit mehr als 13 Jahren war er zudem als ehrenamtlicher Richter am Sozialgericht und nun am Bundessozialgericht tätig.
Irmgard E. ist 63 Jahre alt und lebt in Köln-Rodenkirchen. „Etwa zwei Jahre habe ich gegen meinen Willen in einem geschlossenen Heim gelebt. Das und auch die schwierige Zeit danach haben mich sehr belastet“, sagt sie. Vom begleitenden Arbeitskreis verspricht sie sich, dasstraumatisierten ehemaligen Heimkindern in ihrer jetzigen Lebenssituation effektive Hilfe angeboten werden kann.
Auch Reiner G. wohnt in Köln. Er ist 51 Jahre alt und hat von 1969 bis 1979 schlimme Erfahrungen im Heim gemacht. Er beschäftigt sich intensiv mit dem Schicksal anderer ehemaliger Heimkinder und hat in eigener Sache bereits umfangreiche Recherchen angestellt. Er hofft, dass er mit diesen Erfahrungen anderen Betroffenen helfen kann.
Der Arbeitskreis zur Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder wird künftig alle zwei Monate tagen.