
Projektziele und Zielgruppen: Unterstützung für Betroffene von Heimerziehung
Die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit sexualisierter und körperlicher Gewalt in institutionellen Kontexten, insbesondere in kirchlichen und wohlfahrtspflegerischen Einrichtungen, erfährt derzeit einen tiefgreifenden Wandel. Während das individuelle Bewusstsein für das erfahrene Leid und die Notwendigkeit einer Neubewertung des Umgangs mit Betroffenen wächst, zeigen sich in einigen Institutionen weiterhin Defizite in der Anerkennung des Ausmaßes von Leid und der Entwicklung angemessener, demütiger Herangehensweisen. Betroffene sehen sich oft noch in einer Bittstellerrolle, was einen Dialog auf Augenhöhe erschwert und die umfassende Aufarbeitung der Erfahrungen behindert.
Projektziele
Unser Projekt verfolgt das übergeordnete Ziel, ehemalige Heimkinder in der Städteregion Aachen umfassend zu unterstützen und ihnen einen geschützten Raum für den Austausch ihrer Erfahrungen zu bieten. Dies beinhaltet insbesondere Personen, die traumatische Erlebnisse, Misshandlungen oder sexuellen Missbrauch während ihrer Heimerziehung erfahren mussten.
Konkret zielen wir auf folgende Bereiche ab:
- Förderung des Erfahrungsaustauschs: Schaffung von Gelegenheiten für Betroffene, ihre individuellen Erlebnisse in einem geschützten Rahmen zu teilen und sich gegenseitig zu unterstützen.
- Vernetzung und Empowerment: Aufbau eines Netzwerks von Betroffenen und Unterstützern zur Stärkung der Gemeinschaft und zur Förderung der Eigeninitiative.
- Bereitstellung fachlicher Begleitung: Sicherstellung einer professionellen und empathischen Begleitung durch qualifizierte Fachkräfte, um die Verarbeitung traumatischer Erlebnisse zu unterstützen und praktische Hilfestellung im Alltag zu gewährleisten.
- Hilfe zur Selbsthilfe: Befähigung der Betroffenen zur eigenständigen Bewältigung alltäglicher Herausforderungen und zur Stärkung ihrer Resilienz.
- Förderung der Aufarbeitung: Unterstützung bei der Recherche und Analyse relevanter Dokumente (z.B. Akten, Fotos) zur individuellen und kollektiven Aufarbeitung der Heimerfahrungen.
- Öffentlichkeitsarbeit und Kooperation: Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Thematik der Heimerziehung und der damit verbundenen Traumata sowie der Aufbau von Kooperationen mit relevanten Institutionen und Selbsthilfegruppen.
Zielgruppen
Die Angebote unseres Projekts richten sich primär an ehemalige Heimkinder in der Städteregion Aachen, die in Einrichtungen der Heimerziehung negative Erfahrungen gemacht haben.
Darüber hinaus laden wir alle Unterstützer*innen von Betroffenen der Heimerziehung ein, sich unserem Netzwerk anzuschließen. Dies umfasst:
- Personen, die sich gegenseitig unterstützen möchten: Für den Austausch von Erfahrungen und die gemeinsame Bewältigung von Herausforderungen.
- Interessierte Personen: Die mehr über die Thematik erfahren und sich aktiv einbringen möchten.
- Professionelle Helfer*innen: Zur Vernetzung und zum gemeinsamen Ausbau von Unterstützungsangeboten.
Fachliche Struktur und Angebote
Die Projektleitung erfolgt unter der fachlichen Aufsicht des Kinderschutzbundes. Frau Wessels (Diplom-Pädagogin, Mediatorin) fungiert als Projektmanagerin, während Professor Deller (Supervisor) die fachliche Begleitung sicherstellt.
Wir bieten folgende wiederkehrende Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten an:
- Beratungs- und Gesprächszeiten: Nach individueller Vereinbarung, telefonisch erreichbar unter 02405 426831. Es besteht die Möglichkeit, eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter zu hinterlassen für einen zeitnahen Rückruf. Eine angemietete Räumlichkeit steht täglich für telefonische Erreichbarkeit zur Verfügung.
- Wiederkehrende Gesprächskreise: Zum moderierten Austausch und zur gegenseitigen Unterstützung in einem geschützten Umfeld.
- Alltagsbewältigung: Unterstützung bei alltäglichen Problemen, Besuchen (auch privater Natur), bei der Bewältigung von Ängsten und bei der Begleitung zu Behörden (z.B. LVR).
- Sozialarbeiterische Begleitung: Begleitende Sozialarbeiter*innen mit Expertise in der Heimthematik und sexualisierter Gewalt stehen für Beratungsgespräche und Gesprächskreise zur Verfügung. Dies beinhaltet Hilfestellung in Bereichen wie Hartz IV, Wohnungssuche, Betreuung und Pflege, Rente, Grundsicherung sowie Ehe- und Scheidungsproblematik.
- Gedächtnisort-Besuche: Organisation von Besuchen ehemaliger Heime und Erinnerungsorte in kleinen Gruppen zur Aufarbeitung und Würdigung der eigenen Geschichte.
- Aufarbeitungsunterstützung: Hilfe bei der Recherche und Aufarbeitung von Akten, Fotos und anderen relevanten Dokumenten.
- Kooperationen: Aktiver Austausch und Zusammenarbeit mit anderen Selbsthilfegruppen und dem Landschaftsverband Rheinland (LVR).
Wir sind davon überzeugt, dass ein multiprofessioneller Ansatz, der fachliche Expertise mit der Kraft der Selbsthilfe verbindet, essentiell ist, um den komplexen Bedürfnissen der Betroffenen gerecht zu werden und einen nachhaltigen Heilungsprozess zu ermöglichen.